176. Die Grenzen des Wachstums reloaded
Die Grenzen des Wachstums reloaded
Gibt es einen Punkt des Genug in unserem Wirtschaftssystem? Wachstum („immer schneller, weiter, höher“) ist kein Wert an sich. Die Frage ist: Wachstum wozu? Diese Frage ist nicht erst seit den aktuellen Flüchtlingsströmen präsent. Die jährliche Kostensteigerung lässt sich in dem rückwärts gerichteten Vergütungssystem nur durch Sparen einerseits und durch Leistungssteigerungen andererseits decken. Jahr für Jahr. Die sozialen Kosten sind sichtbar. In Krankenhäusern wird immer deutlicher der Mangel „verwaltet“. Wohin soll die Entwicklung führen?
Vor etwas mehr 40 Jahren erschütterte ein Buch den Fortschrittsglauben der Welt: Die 1972 vorgestellte Studie zur Systemanalyse der Weltwirtschaft „Die Grenzen des Wachstums“ im Auftrag des Club of Rome und der VW-Stiftung. Dabei wurde die globaler Wirkung von Industrialisierung, Bevölkerungswachstum, Unterernährung, Ausbeutung von Rohstoffreserven und Zerstörung von Lebensraum untersucht und unterschiedliche Rohstoffvorräten der Erde, eine unterschiedliche Effizienz von landwirtschaftlicher Produktion, Geburtenkontrolle oder Umweltschutz simuliert. Neben Zusammenbruchszenarien wurden Ansätze simuliert, wie Wachstumsvoraussetzungen zu ändern sind, um einen ökologischen und wirtschaftlichen Gleichgewichtszustand herbeizuführen, der weiterhin aufrechtzuerhalten sei. „Die Grenzen des Wachstums“ gilt als Geburt der Umweltbewegung. Die Grünen in Deutschland nennen das Buch die Initialzündung für ihre Partei. Bis heute lässt die Wachstumsdebatte die Menschen nicht mehr los.
Die Kritik an exponentiellen Wachstumsprozessen war dabei gar nicht neu, sondern ist Jahrtausende alt.[1] Doch offenbar hat die Berechnung in nackten Zahlen-Daten-Fakten wachgerüttelt, den „ökologischen Fußabdruck“ der Marktwirtschaft ernstzunehmen. Bis heute sind von diesem Buch weltweit über 30 Millionen Exemplare in 30 Sprachen verkauft worden. 1973 wurde der Club of Rome dafür mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.
Solange die Geburtenrate höher als die Sterberate ist, wächst die Bevölkerung. Geburten- und Sterberate sind abhängig von der medizinischen Versorgung und der Nahrungsmittelproduktion. Bevölkerungswachstum steigert den Produktionsbedarf. Nahrungsmittelproduktion und medizinische Versorgung hängen dann bei begrenzten Ressourcen von der Industrieproduktion ab, die Technologien für die Landwirtschaft und das Gesundheitswesen und erhöhte Energieeffizienz zur Verfügung stellt. Hierbei bedarf qualitatives Wachstum eine stärkere Entkoppelung von Wirtschaftswachstum, Energieverbrauch und Umweltverschmutzung. Szenarien, unter denen sich Weltbevölkerung wie auch der Wohlstand langfristig konstant halten ließen, gründeten auf Maßnahmen wie Wiederverwendung von Abfällen bis hin zum vollständigen Recycling von Rohstoffen, verlängerte Nutzungsdauer von Gütern, Handlungen zur langfristigen Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit in Land- und Forstwirtschaft, eine durch Technik und „saubere Energiequellen“ massiv verringerte Umweltverschmutzung. Eine erhöhte landwirtschaftliche Produktivität, Konsumeinschränkungen und Geburtenkontrolle u.v.m. mussten diese Maßnahmen ergänzen, da in dem Rechenmodell auch maximale Technologie keinen Systemzusammenbruch verhindert und die negativen Folgen des Wachstums kompensieren könnte.
Damals benötigte man Großrechner für das Simulationsprogramm. Nur ein paar Jahrzehnte später läuft es auf jedem PC, da PCs mittlerweile die Möglichkeiten der damaligen Großrechner weit übertreffen. In der Sache aber hat sich relativ wenig getan. Vierzig Jahre später zieht der Club of Rome 2012 erneut Bilanz. Der Report gibt keine Entwarnung, die fundamentale Kritik führte bislang zu keinem radikalen Kurswechsel im System des Wachstums. Die dazu notwendigen Produktivitätssteigerungen sind nicht zum Nulltarif zu haben. Und so wartet die Zukunft mit gewaltigen Herausforderungen auf, die von sozialen Unruhen und Umbrüchen geprägt sein werden. Sie zu meistern, wird unsere Jahrhundertaufgabe sein. Immer mehr Menschen wollen wegen des Klimawandels nach Europa. Es gab auch schon vor der Verwüstung, Umweltzerstörung und dem Klimawandel Flüchtlinge. Aber es ist absolut klar, dass Mangel an Trinkwasser und an fruchtbaren Böden Konflikte verursachen, die Menschen in die Flucht treiben, um zu überleben.
In der FAZ heißt es diese Woche: „Warum macht unser Mitgefühl schlapp? [...] Flüchtlinge und Asylbewerber gelten in Deutschland als Problem statt als Chance. Wir erleben riesige Migrationsströme. Darin liegt auch eine Chance.[...] Es kommen Fachkräfte, Ärzte, Ingenieure." Bildung, Innovationen und neues Denken sind immer noch der fruchtbarste Treiber einer langfristig stabilen Wachstumspolitik.
Wenn Sie das Thema im Leitungskreis in einer Klausurtagung mit uns bearbeiten möchten und zu einer neue Ebene der Zusammenarbeit im oberen Leitungskreis finden möchten, informieren Sie sich doch gleich hier.
[1] Bekannt sind die Weizenkornlegende und der Josephspfennig. Auch in der Bibel wird vor diesem Hintergrund an mehreren Stellen ein Zinsverbot ausgesprochen.
Lesen Sie Impulse zum Führen und Management im Krankenhaus weiter im neuen News Blog der Ruhl Consulting: Gibt es für uns einen Punkt des Genug? Grenzen des Wachstums, die dem Motto „immer schneller, weiter, höher“ entgegen gesetzt werden.
04.09.2015 – 12:58 Uhr
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