144. Veränderung der Leitungsstrukturen
Veränderung der Leitungsstrukturen mit Mitarbeitenden
Die Entwicklung hin zu flachen vernetzten Strukturen leuchtet im Krankenhaus mit seiner dreisäuligen Aufbauorganisation unmittelbar ein. Insbesondere wenn dies von netzwerkorientierten ablauforganisatorischen Managementstrukturen begleitet wird. Auf dem Weg zu agilen dienstleistungsorientierten Organisationen sind Kommunikations- und Informationsprozesse neu zu denken. So hat ein Kunde es gewagt, das Großprojekt „Abbau der Hierarchiestufen in der pflegerischen Leitungsstruktur“ in Angriff zu nehmen, um die Nähe zur Patientenversorgung, Prozessorientierung und die berufsgruppenübergreifende Abstimmung stärker in den Fokus zu nehmen.
Ziele der umsetzungsbegleitenden Mitarbeiterbefragung
Dabei wurde ein neuer Weg der externen Begleitung eines Veränderungsprojektes gewählt, der sich als spannende systemische Alternative zu unserer üblichen Projektbegleitung herausstellte: Parallel zur Durchführung des Veränderungsprojektes über 1,5 Jahre wurden wir beauftragt, eine umsetzungsbegleitende Evaluation durchzuführen.
Diese war so angelegt, dass eine repräsentative Auswahl an Mitarbeitern und Führungskräften der Organisation zu Beginn, während und nach Abschluss des Projektes jeweils leitfadengestützt interviewt wurden. Ziel der Evaluation war es, das Vorgehen der Organisationsentwicklung zu reflektieren. Es wurden in einer geschichteten Zufallsstichprobe 1/3 aller direkt in der Patientenversorgung involvierten Personen ausgewählt. Dafür wurde im Vorfeld ein Studienkonzept für den Auftraggeber entwickelt und mit dem Lenkungsausschuss feinjustiert.
Im Einzelnen galt es dabei, offen zu beleuchten, wie die Mitarbeiter bei der Organisationsentwicklungsmaßnahme abgeholt und von den Leitungskräften im Prozess mitgenommen wurden und wie sich die Identifikation mit der neuen pflegerischen Leitungsstruktur im Projektverlauf darstellt.
Integration der Mitarbeiterbefragung in die Umsetzungsphase
Das dialogisch strukturierte Befragungsdesign rekurrierte auf die Phasen der Verhaltensänderung in einer Organisation und stellte auf das Interventionspotenzial der Leitungs- und das Integrationspotenzial der Mitarbeiterseite ab, um das „Geben und Nehmen“ im Prozess zu beleuchten. Ebenso ist unser praktisches Knowhow über kritische Erfolgsfaktoren in der Umsetzungsbegleitung aus dutzenden von Veränderungsprozessen in Großprojekten in den Studienaufbau geflossen und ergänzte so das theoretische Fundament.
Aus den Befragungsergebnissen sollten nicht nur pauschale Aussagen über die Zufriedenheit mit dem Vorgehen im Organisationsentwicklungsprozess, sondern v.a. Nachjustierungsbedarf und Maßnahmenempfehlungen ermittelt werden. Dementsprechend verfolgte die Abfrage in erster Linie subjektiv erlebte Abweichungen zwischen der eigenen impliziten Erwartung und den tatsächlich wahrgenommenen Leistungen. Die Rückmeldungen zur eigenen Bewertung der Situation wurden qualitativ erfasst.
Da die Leitung diese zur Kenntnis nahm und bei ihren Entscheidungen und Handlungen berücksichtigte, unterstützte das Studiendesign den hierarchie- und berufsgruppenübergreifenden Dialog im Prozess. Die Leitungskräfte nutzten aktiv den Feedbackprozess in den verschiedenen Veränderungsphasen und adjustierten das Vorgehen im Projekt damit laufend fein. So wurde die Evaluation umsetzungsbegleitend effektiv als Moderationsinstrument für den Veränderungsprozess genutzt.
Aktive Einbindung von Mitarbeitern und Führungskräften durch systemisches Vorgehen
Führungskräfte und Mitarbeiter aller Berufsgruppen beteiligten sich engagiert an den Interviews und brachten ihre Blickwinkel während des Projektverlaufs konstruktiv ein. Die Auswertungen zeigten neben den quantitativen Einstufungen vielfältige Handlungsansätze auf und spiegelte damit die gelungene Integration der Mitarbeiter in den Veränderungsprozess: Durch das aktive Reflektieren und Einbringen der eigenen Anliegen wurden die Befragten in Ihrem Expertenstatus gewürdigt und die Leitung der Klinik erhielt für die Projektarbeit ein Aufgabenpaket offener Themen aus dem laufenden Alltagesgeschäft.
So steht ein wirkungsvolles Instrument zur Verfügung, Organisationsentwicklung nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg umzusetzen, sondern diese zu Beteiligten in der Ausgestaltung zu machen. Genau dies soll der Abbau der Hierarchiestufen bewältigen: eine nachhaltige Veränderung der Zusammenarbeit im Unternehmen und der Unternehmenskultur. Die Evaluation selbst wird so zu einem Interventionsinstrument und dient effektiv der Ausrichtung der Projektumsetzung an den Projektzielen.
Fazit - Rational ein gutes Konzept? Doch es ist noch mehr!
Um Menschen in Bewegung zu versetzen, alte Muster zu durchbrechen und neue Verhaltensweisen zu wagen, wirkt das wirklich wertschätzende aktive Zuhören ermutigend. Veränderungsenergie entsteht, wenn die E-Motion-en angesprochen sind. Gerade deshalb mag ich in Veränderungsprojekten verstärkt zu strukturierten Interviews raten. Die wiederkehrenden 15-20-minütigen Gespräche wertschätzten die Einzelperson mit ihrem individuellen Blickwinkel. In den Interviews mit wiederkehrend gleichen Personen ist eine zunehmend sehr vertrauensvolle Atmosphäre entstanden. Neben den Sachthemen wurde der Zugang zu den eigenen Emotionen geöffnet: Es wurde gescherzt, geweint, manche Erlebnisse waren tief berührend. Fast wie von Zauberhand wurden im Projekt von den Mitarbeitenden selbst und mit hohem Engagement der Leitungskräfte auf den Stationen tatkräftig neue Strukturen umgesetzt.
Deshalb auch ist die umsetzungsbegleitende mündliche Befragung für mich ein starkes systemisches Instrument, wenn es mit der Haltung verknüpft ist: alles was nötig ist, ist schon im System vorhanden. Nicht alles muss von oben nach unten strukturiert werden: die Intelligenz und Selbstorganisationsfähigkeit des Systems ist der wahre Schatz einer Klinik. Mit Empathie und Klarheit in der Führung - etwa in Bezug auf die Ziele und Aufgabenverteilung - lassen sich flache vernetzte Organisation wirkungsvoll führen.
Lesen Sie Impulse zum Führen und Management im Krankenhaus weiter im neuen News Blog der Ruhl Consulting: In einem 5-Phasen-Modell können fundamentale Veränderungen systematisch umgesetzt, um Kernprobleme zu verändern.
31.01.2014 – 07:39 Uhr
Sie haben keine Berechtigung, einen Kommentar zu hinterlassen.
News Blog und Newsletter der Ruhl Consulting
Ab 7/2016 veröffentlichen wir unseren Blog und unsere Newsletter zweimonatlich auf www.krankenhausberater.de. Info-Archive verbleiben unter www.ruhl-consulting.de.
Blogarchiv
187 186 185 184 183 182 181 180 179 178 177 176 175 174 173 172 171 170 169 168 167 166 165 164 163 162 161 160 159 158 157 156 155 154 153 152 151 150 149 148 147 146 145 144 143 142 141 140 139 138 137 136 135 134 133 132 131 130 129 128 127 126 125 124 123 122 121 120 119 118 117 116 115 114 113 112 111 110 109 108 107 106 105 104 103 102 101 100 099 098 097 096 095 094 093 092 091 090 089 088 087 086 085 084 083 082 081 080 079 078 077 076 075 074 073 072 071 070 069 068 067 066 065 064 063 062 061 060 059 058 057 056 055 054 053 052 051 050 049 048 047 046 045 044 043 042 041 040 039 038 037 036 035 034 033 032 031 030 029 028 027 026 025 024 023 022 021 020 019 018 017 016 015 014 013 012 011 010 009 008 007 006 005 004 003 002 001
Newsletter-Archiv
Alle Newsletter bis 3-2016 | Bücherliste
03-2016 02-2016 01-2016 06-2015
05-2015 04-2015 03-2015 02-2015
01-2015 12-2014 11-2014 10-2014
09-2014 08-2014 07-2014 06-2014
05-2014 04-2014 03-2014 02-2014
01-2014 12-2013 11-2013 10-2013
09-2013 08-2013 07-2013 06-2013
05-2013 04-2013 03-2013 02-2013
01-2013 12-2012 11-2012 10-2012
09-2012 08-2012 07-2012 06-2012
05-2012 04-2012 03-2012 02-2012
01-2012 06-2011 05-2011 04-2011
03-2011 02-2011 01-2011 06-2010
05-2010 04-2010 03-2009 02-2009
01-2008