100. Corporate Fairness und Gerechtigkeit

Corporate Fairness und Gerechtigkeit - fair und gerecht

Führungskräfte haben oft kein "Fairness Barometer", was Mitarbeiter als fair und gerecht empfinden. In krisenhaften Zeiten ist Fairness besonders wichtig.

Bei Reorganisation oder Changemanagement-Initiativen im Krankenhaus machen sich Unsicherheit und Angst breit. Nur wenn Mitarbeitende Vertrauen in die Gerechtigkeit und die Fairness haben, sind sie auch innerlich bereit, beim Wandel mitzuwirken.

Doch was ist eigentlich Gerechtigkeit und Fairness wie wirken sie vertrauensbildend?

Gerechtigkeit ist zunächst ein grundlegender ethischer Wert, der sich sowohl auf die Richtigkeit von Recht und Gesetz in einem interpersonalen Raum als auch auf die Rechtschaffenheit von Personen in diesem bezieht. Dies vorausgesetzt ist Gerechtigkeit ein Maßstab für die Einhaltung und Umsetzung von Recht und Gesetz.

Übertragen auf Unternehmen bedeutet gerecht also das selbstverpflichtende Streben nach "richtiger" Einhaltung vorhandener Normen, Regelungen und Gesetze ohne Ansehen der Personen. Damit wird das Verhalten, das sich an entsprechenden Maßstäben orientiert, für andere einschätzbar und verlässlich. Dies ist eine Basis, auf der Vertrauen gedeihen kann. Problematisch ist jedoch, dass Prinzipien der Gerechtigkeit im EInzelfall dem Fairnessurteil zuwider laufen können. Etwa würde Gerechtigkeit sich nachvollziehbar am Gleichbehandlungsgrundsatz, wo keine expliziten Regelungen getroffen worden sind, oder an vereinbarten Vertragskonstellationen orientieren. Das heißt aber nicht, dass das fair sein muss.

Beim Fairnessbegriff liegt der Maßstab stärker beim eigenen moralischen Bezugspunkt, andere gleichwertig zu behandeln. Ein offizielle normativer Bezugsrahmen liegt insofern nicht vor. Das Maß ist vielmehr das persönliche Empfinden bzw. Bedürfnis und die persönliche Wahrnehmung. So ist es nicht gerecht, aber fair, Menschen, die mir immer wieder entgegen kommen im Alltag auch einmal eine Sonderzusage zu geben, um sich erkenntlich zu zeigen. Es ist auch gerecht, dass Leasingkräfte für die gleiche Arbeit mehr Geld verdienen als eigene Mitarbeiter: es wurden ja entsprechende Verträge geschlossen. Fair und richtig ist das damit aber noch lange nicht.

Das was vielen Führungskräften offensichtlich nicht bewusst ist, ist, dass sie mit ihrem Verhalten - auch wenn Sie sich sklavisch an existierende Richtlinien halten - oftmals das Fairness-Gefühl ihrer Mitarbeiter verletzen. In unsicheren und krisenhaften Zeiten ist Mitarbeitern eine faire Behandlung besonders wichtig, um sich ein Vertrauensurteil zu bilden. Sie könnnen oft viel ertragen, wenn sie denn nur auch als Person mit ihren individuellen Bedürfnissen gesehen und wahrgenommen werden. Wenn sich Mitarbeiter fair behandelt fühlen, hat dies Einfluss auf Faktoren wie

  • Arbeitszufriedenheit,
  • Bindung an das Unternehmen,
  • Vertrauen,
  • Arbeitsleistung und
  • kooperatives Verhalten.

Im Fairness-Barometer aus dem Jahr 2011 erklärten 85% der Befragten, dass sie großen Wert auf gerechte und faire Arbeitsbedingungen legen. Die Untersuchung zeigt jedoch auch auf, dass nur 40% der Befragten ihren Arbeitgeber tatsächlich für fair halten [1].

Mitarbeiter prüfen kontinuierlich – bewusst und unbewusst – ob sie für ihre Leistung, die sie erbringen, eine faire Gegenleistung erhalten. Dies wird zumeist in Form der Mitarbeiterbehandlung, des Gehalts, Beförderungen, Arbeitsaufkommen etc. abgeglichen. Warum wird Kollege A befördert und ich nicht? Warum verdiene ich weniger als branchenüblich? Warum habe ich nicht die Leitung für das Projekt bekommen, sondern der Kollege B? War das gerecht? Und mehr noch: war es fair?

Finden Mitarbeiter keine schlüssigen Antworten auf diese Fragen, kommt bei ihnen der Verdacht auf, dass sie unfair behandelt worden sind. Dieses Gefühl kann in der Unternehmenskultur alles vernichten, was sich Führungskräfte von ihnen Mitarbeitern erhoffen: Engagement, Commitment, Kreativität und Motivation. Stattdessen nehmen Gefühle wie Zorn, Wut und Enttäuschung überhand. Diese resultieren leicht in vermehrten Krankmeldungen, inneren Kündigungen, Dienst nach Vorschrift und sinkendes Engagement.

Das besondere Problem mit der Fairness ist nun, dass es eine wirkliche objektive Fairness nicht gibt. Führungskräfte sollten daraus jedoch nicht den Schluss ziehen, dass gewisse Entscheidungen immer unzufriedene Mitarbeiter hervorrufen werden. Vielmehr sollten sie selbst ihr „Fairness Verhalten“ reflektieren und herausfinden, was ihre Mitarbeiter für fair halten und wie sie zu dieser Auffassung kommen. Grundsätzlich gilt: reden Sie mit ihren Mitarbeitern und handeln Sie nicht alleine!

Vertrauen Sie selbst darauf: Viele Mitarbeiter haben nicht die Einstellung, dass alles nur zu ihrem Vorteil ablaufen muss. Die meisten Arbeitnehmer wissen sehr wohl, dass dies in einer komplexen Organisation mit vielen differierenden Interessen nicht immer möglich ist. Mitarbeiter sind durchaus bereit, Entscheidungen zu akzeptieren, die für sie negative Auswirkungen haben. Die Akzeptanzbereitschaft steht und fällt jedoch mit den Rahmenbedingungen. Diese Bedingungen kann wiederum die Führungskraft sehr wohl beeinflussen – z. B. durch ihr persönliches Verhalten. Interessante Erkenntnisse in diesem Zusammenhang sind, dass Mitarbeitende

 

  • die einen freundlichen Chef haben, eher dazu tendieren, auch die Entscheidungen ihres Chefs als fair zu empfinden.
  • die detailliert darüber informiert werden, welche (ökonomischen) Ziele mit einer Managemententscheidung verfolgt werden und warum es leider keine andere Alternativen hierzu gibt, diese Entscheidungen besser akzeptieren.
  • es nicht als schlimm empfinden, dass sich diese Entscheidung ggf. nicht ihren Fairness-Vorstellungen deckt, wenn sie die Grundlagen kennen, auf denen entschieden wird.

 

Fairness bedeutet nicht immer nur Milde – Fairness verlangt manchmal auch harte Entscheidungen. Den Umgang mit den Mitarbeitern in solchen Situationen müssen Führungskräfte lernen, etwa auch in Begleitung durch Coachings. Führungskräfte sind letztlich auch dafür da, unvermeidbare Enttäuschungen für ihre Mitarbeiter tragbar zu machen. Führung von Mitarbeitenden bedeutet in diesem Zusammenhang auch immer das Management von Enttäuschungen. Damit dies gelingen kann, benötigen Führungskräfte zweifellos ein gesundes Maß an Empathie für andere.

Die Lösung für die Fairness-Problematik ist demzufolge ein empathischer, wertschätzender, freundlicher, rücksichtsvoller und höflicher Umgang der Führungskräfte mit den Mitarbeitern. Die Kommunikation spielt hierbei eine zentrale Rolle. Werden den Mitarbeitern bestimmte Entscheidungen schlüssig erklärt, werden sie bestenfalls sogar in Entscheidungen mit einbezogen, dann wird bei ihnen nicht so schnell der Verdacht auf ungerechte und unfaire Behandlung aufkeimen. Fairness setzt Verständnis voraus – im Sinne von Verstehen.

Quellen:
[1] Vgl. Fairness Barometer www.fairness-barometer.de (abgerufen am 16.08.2012).
[2] Vgl. Jumpertz, S.: Wie geht gerechte Führung? Corporate Fairness. In: managerSeminare, Heft 172, Juli 2012.

 

Lesen Sie Impulse zum Führen und Management im Krankenhaus weiter im neuen News Blog der Ruhl Consulting: Führungskräfte haben oft kein "Fairness Barometer", was Mitarbeiter als fair und gerecht empfinden. Dabei ist Fairness gerade im Wandel besonders wichtig.

 

 

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