094. Akademisierung der Pflege - den Ärzten ein Dorn im Auge?

Akademisierung der Pflege - Ärzten ein Dorn im Auge?

Durch den demografischen Wandel wird es in Zukunft deutlich mehr multimorbide, chronisch erkrankte und pflegebedürftige Patienten geben. Für diese Menschen ist es wichtig, eine qualitativ hochwertige Pflege zu erhalten. Deshalb empfiehlt der Wissenschaftsrat, Krankenpfleger sowie Physio-, Logo- und Ergotherapeuten zukünftig vermehrt an Hochschulen auszubilden und die Qualität der Krankenversorgung zu stärken.

Bei vielen Krankheiten des Alters ist ein ständiger Arztkontakt nicht unbedingt von Nöten, denn die Diagnose ändert sich beispielsweise bei einem Alzheimer-Patienten nicht mehr. Hier sind vor allem Pflegekräfte, Physio- oder Ergotherapeuten gefragt, die sich gemeinsam über die Behandlung des Krankheitsbildes abstimmen müssen. Um eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung sicherzustellen benötigt die deutsche Gesundheitsversorgung hochkompetentes, flexibles Personal mit aktuellem Fachwissen. Deshalb hält die Präsidentin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK) eine Akademisierung der Pflegeberufe für den richtigen Ansatz. Viele Hochschulen haben den Bedarf erkannt und bieten speziell auf die Gesundheitsbranche zugeschnittene Studiengänge an. Die Studiengänge statten ihre Teilnehmer neben der praktischen Ausbildung zudem mit Kompetenzen wie wissenschaftlichem Arbeiten und Managementkenntnissen aus. Oft besteht die Möglichkeit, dass Studium berufsbegleitend zu absolvieren.

Professor Stefan Görres vom Institut für public health und Pflegeforschung in Bremen ist von der Akademisierung der Pflege überzeugt. Die Studienlage zur Akademisierung der Pflege zeige einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Qualität und Outcome. Untersuchungen belegen, dass die Zahl von Thrombosen, Harnwegsinfektionen und Pneumonien deutlich abnimmt, je mehr ausgewiesene Pflegeexperten an der Behandlung beteiligt sind. Weiterhin sei das Pflegewissen in solch einem Maße gestiegen, dass es durch eine dreijährige Ausbildung kaum mehr vermittelbar sei. Ein weiterer Grund für die Akademisierung ist der Bedarf an hochqualifiziertem Personal für eine ebenso hohe Pflegequalität.

Viele Mediziner lehnen die Akademisierung der Pflege dagegen ab. Sie befürchten unter anderem, dass die ärztliche Weiterbildung durch diese Entwicklung gefährdet wird, da besser ausgebildete Pflegekräfte originäre ärztliche Aufgaben übernehmen könnten. Viele Mediziner sehen außerdem die eigentliche Pflege gefährdet und befürchten eine Verstärkung des Pflegemangels. Gerade die Übernahme ärztlicher Tätigkeiten könnte jedoch zu einer erheblichen Entlastung des ärztlichen Dienstes führen.

Andere europäische Länder sind bei der Akademisierung der Pflege schon weiter als Deutschland. So assistiert in Großbritannien der „surgical care practitioner“ bei Operationen, Pflegekräfte in der Schweiz dürfen beispielsweise Spritzen verabreichen; eine Aufgabe die in Deutschland von Ärzten durchgeführt werden muss. Es gibt also offensichtlich noch Nachholbedarf in Deutschland. Die Akademisierung der Pflege kann durchaus zur besseren berufsgruppenübergreifenden Zusammenarbeit beitragen. Eine stärkere Vernetzung zwischen den einzelnen Berufen der Gesundheitsversorgung wird dazu führen, eine hochwertige Patientenversorgung sicherzustellen.

 

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