071. Hierarchie als Ordnungssystem und Vernetzung

Hierarchie als Ordnungssystem und Vernetzung

Auch in Zeiten der DRG sind Krankenhäuser vorwiegend nach Fachabteilungen hierarchisch organisiert. Die Rollen in deutschen Krankenhäusern sind seit 150 Jahren klar verteilt. In der Preußischen Militärakademie wurden im 19. Jahrhundert Chef-, Ober- und Unterärzte ausgebildet. Die Hierarchie ist so bis heute vorhanden, auch wenn Unterärzte inzwischen Assistenzärzte sind. Die anderen Berufsgruppen sind den Ärzten fachlich weisungsgebunden. Damit sind äußere Machtstrukturen definiert, die konstruktive Diskurse und Veränderungsmotivation behindern. 

Ganz ähnlich in der katholischen Kirche in Deutschland. Letzte Woche war in Mannheim Katholikentag mit zwei interessanten Morgenimpulsen. Diese könnten in der Gegensätzlichkeit ihres Vortrages nicht unterschiedlicher sein: 

Am Freitag spricht Frère Richard aus Taizé über die leise Art Jesu, Menschen wie Simon innerlich durch eigene Erfahrungen zu bewegen. Aus eigenen Erfahrungen entwickeln sich tiefe Überzeugungen und ein Vertrauen, für eine gemeinsam sinnvolle Sache einzutreten. Frère Richard sitzt bei seiner Bibelauslegung und spricht ruhig in der leisen, völlig gefüllten Kirche - ein Bild von Augenhöhe mit den Einzelnen. Das Ganze wird durch Taizé-Gesänge feierlich-meditativ unterlegt.

Am Samstag spricht Winfried Kretschmann. Der Politiker betritt die ebenso völlig gefüllte Kirche unter Blitzlichtgewitter. Er hält am Rednerpult engagiert vorgetragen eine mit lautem Beifall begleitete Rede, die Kritik am Hierarchiesystem, einer fehlenden offenen und lösungsorientierten Diskussion anklingen lässt. In Kretschmanns Bibelauslegung behandelt er die Parallele der heutigen Zeit zum Apostelkonsil, mit den damals fundamentalen Diskussionen, welche traditionellen Regeln (des Judentums) unumstößlich sind und welche nicht. Der Politiker spricht den Menschen aus dem Herzen, die von ihrer Kirchenführung gehört werden wollen, um so ihrer Verantwortung für die Zukunft der katholischen Kirche gerecht zu werden.

Trotz aller Gegensätzlichkeit im Vortrag - beide Impulse betonen, den Umgang miteinander und die Auseinandersetzung mit den individuellen Fragen des Einzelnen zum Maßstab der Führung zu machen. Hierarchiesysteme kehren sich so in ihr Gegenteil um, ohne den Nutzen klarer Führung und Rollenklärung an sich in Frage zu stellen: Führung wird zur Verantwortung, sich der konstruktiven Auseinandersetzung auf Augenhöhe zu stellen und so mit der „Weisheit der Vielen“ das gemeinsame Wertesystem weiterzuentwickeln. Beide Stimmen sind wirkliche Mutmacher. Wenn sich Mehrheiten entwickeln, werden an hierarchischen Modellen Modulationen möglich, weil die dahinterstehende Mission sinnstiftend ist. Mehrheiten zu gewinnen und große Veränderungen in kleinen Schritten zu erreichen, ist die Chance unserer vernetzten Zeit.

Eine bereichs- und berufsgruppenübergreifende Organisation der Patientenversorgung braucht gerade eine menschenzentrierte Führungskultur, will eine reife Organisation auf Augenhöhe die besten Ergebnisse erreichen. Dafür setzen wir uns gerne mit Ihnen ein. 

Lesen Sie Impulse zum Führen und Management im Krankenhaus weiter im neuen News Blog der Ruhl Consulting: Wie transformieren Sanierungsprojekte die Kernorganisation? Mediziner und Manager, Medizinund Management im Wandel brauchen eine Krankenhausführung, die von der Zukunft her denkt und lenkt.

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